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Wer bin ich? Die Frage nach der eigenen Identität

 

Inhaltsverzeichnis

 

Es ist schon erstaunlich, dass es bislang keinen Artikel zum Thema Identität in meinem freiRaum-Blog gab, ist das Thema der Identität und die Suche danach doch eines der wichtigsten überhaupt, und zwar sowohl für mich persönlich als auch in der Praxis. Wahrscheinlich lag es auch daran, dass ganz viele Wahrnehmungen diesbezüglich sich gar nicht so einfach in Worte packen lassen. Geholfen hat mir beim Schreiben dieses Artikels ein Traum, der meine Lebens- und Entwicklungsreise zum Thema hatte. Die Auseinandersetzung mit diesem Traum lieferte Vorlagen in Text und in Symbolen für diesen Artikel, wofür ich zutiefst dankbar bin.

"Wer bin ich?" – eine Frage, die uns alle umtreibt.

Wissen Sie, wer Sie wirklich sind? Haben Sie ein klares Gefühl für sich selbst? Für Ihre Bestimmung? Für Ihre Lebensziele? Sind Sie gut im Körper verankert und gleichzeitig in Ihrem Geiste? Oder neigen Sie dazu materiell zu schwer zu sein oder praktizieren Sie das Gegenteil davon und schweben immer mal wieder weg oder flüchten in andere Welten? Zu wissen und zu fühlen, wer man wirklich ist, ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Aus meiner Sicht wird dieser Frage wenig nachgegangen und nachgespürt. Das war übrigens einer der Gründe, warum ich mich ursprünglich für das Studium der Kulturwissenschaft entschied, hoffte ich doch, in diesem Fach Antworten auf die Identitätsfrage zu finden. Es gab tatsächlich Antworten, allerdings waren sie auf lange Sicht alles andere als befriedigend. Die Identität sollte demnach so eine Art Sammelkasten sein nach dem in diesem Fachgebiet vorherrschenden konstruktivistischen Welt-Verständnis: So ähnlich wie im Supermarkt sucht sich jeder von uns die Zutaten für seine Identität aus und bastelt sich etwas Passendes zusammen. Für die sozialen Teile unserer Identität mag das sogar stimmen, wobei hier der Verdacht besteht, dass die sozialen Teile auch als Ausgleich für etwas Fehlendes dienen. Damit lebte ich eine Zeit lang, bis ich ein Aha-Erlebnis in einer Sozialiassistenten-Klasse hatte. Im Kommunikationsunterricht fragte ich die Schüler, ob sie der Meinung sind, dass jeder von uns einen inneren Kern hat oder ob die Identität relativ beliebig veränderbar ist. Praktisch alle waren felsenfest davon überzeugt, dass wir alle über einen klaren inneren Kern verfügen. Ich sah meine Annahmen über die Identität aus meinem Studienfach also alles andere als bestätigt. So ganz sicher war ich mir eh nicht. Und mittlerweile habe ich so viele Erfahrungen mit dem inneren Kern gesammelt, dass ich mir sicher bin, dass meine Schüler damals absolut richtig lagen. Mein Selbststudium der Psychologie, das ich parallel zur Lehrtätigkeit durchführte, lieferte mir übrigens mehr hilfreiche Ansatzpunkte, brachte aber auch keinen Durchbruch. Die Suche nach dem Kern der Identität ging weiter. Mir wurde klar: Es muss etwas Erspürtes und Energetisches sein. An Fakten und Gruppenzugehörigkeiten lässt sich keine Identität festmachen, denn dabei handelt es sich um Identifikationen, also Gleichsetzungen mit etwas anderem, nicht mit dem Identisch-Sein-mit-sich-selbst, also dem Sich-selbst-Entsprechen. Der Clou bei dem Ganzen: Glaubte ich in einem Moment genau zu fühlen und zu wissen, wer ich bin, so ging dieses Gefühl in anderen Momenten verloren, und ich war wieder auf der Suche. Was ich aus meiner jetzigen Arbeit weiß: Es braucht einen energetischen Referenzpunkt und keinen rationalen und auch keinen, der auf etwas anderes im Außen verweist.

Der spirituelle Reisepass

Der spirituelle Reisepass ist wie ein energetischer Identitätsnachweis: entscheidend darüber, wer wir wirklich sind. Es ist eine energetische Information über unsere Identität.  Die Ausstellungsbehörde ist das Universum höchstpersönlich. Der spirituelle Reisepass entscheidet darüber, welche Wege wir passieren und welche Ziele wir ansteuern können, welche Türen sich uns öffnen und welche für uns verschlossen bleiben. Ohne ihn sitzen wir möglicherweise im falschen Zug oder fahren zum falschen Bahnhof. Wir merken irgendwie schon, dass wir im falschen Zug sitzen, aber es lässt sich sehr schwer artikulieren außer vielleicht: "Etwas stimmt hier nicht! Und es ist wichtig!" Damit ist auch ein essentieller Schmerz verbunden, gekoppelt an die Un-Wissenheit: „Wer bin ich nun wirklich?“ Unsere Kultur beantwortet diese Frage nicht oder unzureichend: Mann oder Frau, Größe, Gewicht, Staatsangehörigkeit – als wären das DIE Merkmale, die uns als geistige Wesen in Wirklichkeit ausmachen! Mir ist der Widerspruch früh aufgefallen, nur leider konnte ich mich mit niemandem darüber verständigen. Und wenn ich es versuchte, erntete ich Unverständnis oder nicht hilfreiche Belehrungen.

In einem Traum, der meinen Lebensweg dokumentierte, begegnete ich dem Symbol des spirituellen Reisepasses: Ich war in einem tiefen U-Bahn-Bahnhof, also im Unterbewusstsein. Ich wollte in eine Bahn steigen, die in die richtige Richtung fuhr, aber sie war mir zu voll. Ich wollte einfach auf die nächste warten, was ein für mich typisches Verhalten darstellt. Es kamen weitere Züge an, die aber ganz woanders hinfuhren. Nach einiger Zeit kamen gar keine Züge mehr. Es wurde auch dunkel und menschenleer, so dass mich Ängste und Zweifel anfingen zu plagen. Ich schaute zur Treppe nach oben, überlegte wieder nach oben zu gehen und nach einem anderen Weg zu meinem Ziel zu suchen. Ich blieb aber. Es kam eine Bahn. Ich konnte nicht klar erkennen, ob es die richtige war. Ich stieg halb ein, wollte mir ihren Fahrplan ansehen, dann merkte ich, dass auf dem Bahnsteig gegenüber die richtige einfuhr. Ich konnte noch gerade so rüberlaufen und in die richtige Bahn einsteigen. Jemand hielt die Tür für mich auf. Die Bahn war nicht sonderlich voll, ich stand trotzdem in der Nähe von drei Menschen, die nun etwas weniger Platz hatten. In der Gesäßtasche meiner Hose hatte ich meinen Reisepass, den ich etwas nervös mit den Fingern inspizierte, ob er denn noch da war. Er guckte nämlich halb raus. Er war noch da. Aus irgendeinem Grunde war es wichtig, dass ich ihn hatte.

Dieser Traum spiegelt wunderbar meine Suche nach meiner Identität, die Versuche, die richtige Bahn zu bekommen, das Landen in der falschen Bahn, das Umsteigen in letzter Minute und die Entdeckung meiner Identität, die schon immer da war. Die Angst im Traum, die ich erlebte, als ich nach dem Reisepass tastete, ist an sich irrational: Den spirituellen Reisepass kann niemand stehlen. Man kann ihn auch nicht verlieren. Man muss sich nur daran erinnern, wo man ihn selbst versteckt hat. Meiner steckte in der Gesäßtasche. Und Ihrer?

Zum Licht ohne den Schatten ist keine Lösung

Die Suche nach der Identität ist allerdings unvollständig, wenn man den eigenen Schatten, die eigene hässliche Seite, ausschließt. Dabei ist es menschlich gesehen verständlich, zum Lichtvollen zu streben und das perfekte Wesen sein zu wollen, das man im Grunde genommen ist. Da bietet es sich doch an, den eigenen Schatten einfach mal beiseite zu wischen und so tun, als wäre man schon da, wo man gern wäre, wo man aber noch nicht ist. Gut, dass das so nicht funktioniert! Denn es werden Schutzmechanismen wirksam, die einen daran hindern, zum Ziel ohne die nötigen Zwischenschritte zu gelangen. Dabei sind das keine normalen psychischen Schutzmechanismen, die einen vor tieferen Wahrheiten und vor (altem) Schmerz schützen, sondern welche spiritueller Natur: Sie wollen nämlich, dass man die Reihenfolge einhält und nicht B sagt, bevor man überhaupt A gesagt hat. So auch hier. Ohne den Schatten ist man doch nicht vollständig man selbst. Und so sitze ich in der richtigen Bahn mit meinem Pass in der Hosentasche. Nun habe ich Zeit, weitere Bekanntschaft mit meinem Reisepass und seinen vielen Seiten zu machen. Wie schön! Einige Seiten sind noch blank. Entweder kann ich noch nicht erkennen, was darauf steht. Wurde da mit unsichtbarer Tinte etwas hineingeschrieben? Oder ich bin frei, selbst etwas dareinzuschreiben? Und auch meine hässlichen Seiten sind schon drin vermerkt, denn sie sind ein Teil meiner Lebensreise und meiner Lebensgeschichte. Wie könnte es denn auch anders sein?

 

Fragen zum Nachforschen und Ergründen

  • Habe ich ein zuverlässiges Gefühl für meine Identität? Weiß ich, wer ich bin? Fühle ich das? Oder geht das Gefühl immer wieder verloren? Oder fühle ich mich sogar so, als wäre ich mir selbst fremd geworden?

 

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