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Opfer bringen, um Besseres zu bekommen

 

Inhaltsverzeichnis

 

Eigentlich fing ich an, diesen Artikel bereits vor Wochen zu schreiben, und ich verfolgte ihn nicht weiter, bis es mich selbst voll und ganz erwischt. Was? Ich soll meinen liebgewonnen freiRaum-Raum opfern? Und dann habe ich keinen Raum mehr? Erst einmal jedenfalls? Ja, genau so musste es sein. Und so ging der Prozess los, der sehr stimmig war, der natürlich aber auch in die berühmte und herausfordernde Übergangsphase führte: Das Alte ist (fast) weg, das Neue ist noch nicht da.

Es kann sich nur das materialisieren, was schon im Geiste da ist

Dabei ist der Übergangsprozess dafür da, dass wir uns das, was wir brauchen, schon einmal im Geiste erschaffen. Es kann sich nichts in der Welt materialisieren, was wir nicht im Geiste bereits haben. Daher bleiben fromme Wünsche und Neujahrsvorsätze häufig nur das, was sie sind: pure Luft. Ihnen fehlt die Verankerung im Geiste des Menschen. Sie sind ein Produkt der Vorstellung, was vielleicht gut oder schön wäre, also reine Phantasie. Sollten Sie also in der Zeit des Übergangs stecken, nutzen Sie sie, um Ihren Geist von all dem zu befreien, was dem Neuen im Wege steht. Richten Sie sich am Neuen aus: Sie müssen seine Energie fühlen können, als ob es schon da wäre. Nicht umsonst wird häufig empfohlen, Wünsche ans Universum so zu formulieren, als wären sie bereits Realität, und so lange an ihnen zu arbeiten, bis sie sich vollkommen echt und stimmig anfühlen. In meinem Fall wäre das: Ich bin Eigentümerin eines Hauses, in dem sowohl meine Familie als auch meine Praxis Platz haben, oder Besseres. Dieses "Oder Besseres" ist auch wichtig: Wozu sich auf seinen Wunsch einschränken, falls das Universum einem noch etwas Besseres bringen kann? Es ist zwar auch im Geiste schon da, nur es gelangt nicht ins Bewusstsein.

Altes verbessern: Das normale Loslassprinzip

Die Alternative zum Opfern, die vielen Menschen sicherer vorkommt, ist das, was man schon hat und kennt, zu verbessern. Dieses Prinzip ist sehr wertvoll im Leben, auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Warum etwas wegschmeißen, was noch gut ist, gut passt und einfach repariert oder sogar verbessert werden kann? Das schont Ressourcen. Dieses Prinzip gilt aber nicht immer, ist manchmal sogar kontraproduktiv, besonders im geistigen und mentalen Bereich. So versuchen viele Menschen, z. B. in der klassischen Psychotherapie und im klassischen Coaching, ihre Psyche zu verbessern. Dagegen ist nichts einzuwenden, denn das ist der erste Schritt. Man werkelt an seinen Gefühls- und Denkmustern herum, ändert seine mentalen Einstellungen, verarbeitet. Dies hat aber Grenzen. Ab einer bestimmten Stufe oder bei bestimmten Voraussetzungen gilt nur eins: Opfern und Loslassen!

Der aktuelle Zeitgeist

Der aktuelle Zeitgeist ist absolut auf Opfern und Loslassen ausgerichtet. Wer sich dem entzieht, wird entweder stark eingeschränkt oder unter Druck gesetzt. Alles, was nicht mehr einem höheren Zweck dient und in sich stimmig ist, muss jetzt geopfert und losgelassen werden. Dagegen stehen die vielen Versuche der Menschen, am Alten festzuhalten und es bloß nicht kollabieren zu lassen, egal ob es das durch und durch marode Gesundheitssystem ist oder das Schulsystem oder oder. Die Vorstellung, dass so ein System zusammenbricht, ist für die meisten grauenvoll und sehr angsteinflößend. Also werden Versuche unternommen, es zu retten. Deswegen haben wir z. B. auch so viele Zombie-Unternehmen auf dem Markt. Die Wahrheit ist: Die Rettung verzögert das Zusammenbrechen. Es ist keine Frage des Obs, sondern des Wanns. Wenn etwas dem Untergang geweiht wird, dann wird der Mensch mit seinem Ego nicht dagegen ankommen müssen, jedenfalls nicht für immer und ewig. Was er machen kann, ist, sich dem freiwillig zu beugen, dem also entgegenzukommen und ein Opferritual zu vollziehen.

Das Opfern-Prinzip

In wahrscheinlich allen Kulturen ist das Prinzip des Opferns bekannt. Wer diesem Prinzip nicht freiwillig ab und zu mal dient, wird dazu gezwungen werden, meist auf eine sehr unangenehme bis schmerzhafte Art und Weise. Wir haben ja schon gesehen, dass es da keine Entscheidungsfreiheit in dem Sinne (bis auf den Zeitpunkt) gibt.

Wer in seinen Bewusstseinsprozessen fortgeschritten ist, kann anfangen, dieses Prinzip bewusst und gezielt einzusetzen. Dabei gibt es einige Regeln zu beachten. Bevor wir uns den Regeln widmen, möchte ich zuerst erklären, worin sich das Opfern von dem üblichen Loslassen unterscheiden. Natürlich beinhaltet auch das Opfern das Loslassen, aber in einer anderen Qualität. Man macht sich ganz leer. Es ist das Prinzip des Todes, in meiner Praxis durch den Schädel repräsentiert. Eine Klientin von mir ist auf eine geniale Idee gekommen: Wenn sie in ihrer Arbeit auf etwas trifft, was komplett losgelassen bzw. geopfert werden muss, steckt sie es dem Schädel in den offenen Mund. Dann ist das Alte weg und es läuft ein Transformationsprozess ab; das Alte wird wiederverwertet. Irgendwann kommt es zu einem in seiner transformierten Gestalt, also als etwas ganz Neues und nicht als verbessertes Altes, zurück. Was diesen Prozess aus Menschensicht so unsicher macht: Man weiß nicht, wann das sein wird!

Wenn Sie also in einer Situation feststecken, können Sie gezielt alte Zöpfe abschneiden und etwas Liebgewonnenes weggeben. Dazu gehören natürlich auch psychische Strukturen. Es muss unbedingt Liebgewonnenes sein, was aber für das aktuelle Leben nicht mehr passt. Es kann ein Denk- oder Fühlmuster sein, z. B. das Fluchtmuster oder das Muster der Projektion / der Schuldzuweisung. Eine meiner Klientinnen hat in einer Sitzung den Hinweis bekommen, 3 Dinge zu opfern. Das Muster der Projektion gehörte z. B. dazu, aber auch das Fühlmuster "Ich bin hier nicht richtig, ich bin am falschen Ort". Sind diese Muster geopfert worden, wird das Leben leichter. 

Das Herausfordernde ist, wie immer, der Übergang, der dann, wie bereits beschrieben, dazu genutzt werden soll, sich, falls nötig, noch mehr vom Geopferten zu lösen und, falls notwendig, geistig auf das Neue zuzuarbeiten. Bei manchen Prozessen ist es sinnvoller, ganz loszulassen, und nicht auf das Neue zuzuarbeiten. Es kommt von alleine auf einen zu. Das ist wie auf einer Straße zu gehen, deren Ende man nicht sieht. Man kann aber sicher sein, dass man irgendwann das Ziel erreichen wird.

Die Fallstricke

Natürlich hat das Opfern Fallstricke. Tun Sie es nicht, nur weil das Prinzip so genial ist, also aus manipulierenden oder aus anderen berechnenden Gründen. Das wird sich böse rächen! Auch dürfen Sie auf keinen Fall ein Opfer bringen, um Ihr Selbstbild aufzupolieren, also um zu beweisen, dass Sie so etwas bereits können. Der Fall wird tief sein. Opfern Sie auch niemals etwas, was Ihnen noch gute Dienste leistet. So könnten Sie sich eine wichtige Grundlage für Ihr Weiterkommen entziehen. Es muss schon etwas sein, was alt und nicht mehr zeitgemäß und dadurch ja auch so liebgewonnen ist.

 

Fragen zum Nachforschen und Ergründen

  • Zu welchen Opfern wurden Sie in Ihrem Leben gezwungen? Zu welchen waren Sie freiwillig bereit?
  • Wie sind Sie dem Loslassen und dem Opferprinzip gegenüber gestimmt? Eher positiv oder eher negativ? Erkennen Sie seine Notwendigkeit an? Wertschätzen Sie es sogar?
  • Gehören Sie zu den Menschen, die am liebsten das Alte verbessern? Oder verweigern Sie sogar das und versuchen zu erreichen, dass alles möglichst beim Alten bleibt? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
  • Wie zeigt es sich in Ihrem Körper? Sind Sie beweglich und flexibel oder starr und unbeweglich?

 

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Bildnachweis:
Bild von Larry_Humanborn auf Pixabay
Bilder von aryokmateus