freiRaum · Gartenallee 51c 28359 Bremen 0176 456 473 12 kontakt@innerer-freiraum.de

Die Sache mit dem Schutz

 

Inhaltsverzeichnis

 

Die Arbeit mit dem Schutz / dem sog. Widerstand... Mal wieder ist mir eine Metapher eingefallen. Dabei lag ich gemütlich im Bett und wollte weiter schlafen. Aber nichts da. Das Bild war einfach zu stark.

Der psychische Schutz / die psychische Abwehr als Hausmetapher

Da sind wir wieder bei einer Hausmetapher. Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem schönen Haus. Es hat alles: ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, ein Bad, ein Arbeitszimmer, einen Dachboden, einen Keller und noch weitere nützliche Zimmer. Vor einem Zimmer steht aber ein Wächter. Den haben Sie selbst engagiert, doch Sie erinnern sich nicht, wann und zu welchen Konditionen. Den Vertrag haben Sie wohl nicht aufgehoben und der Wächter behauptet selbstbewusst, dass der Vertrag unbefristet und unkündbar ist. Nähern Sie sich dem Zimmer, reicht es, dass er böse guckt, und Sie verziehen sich schon (und ärgern sich natürlich darüber, dass Sie nicht reindürfen. Es ist ja schließlich Ihr Haus!). Dabei sind in diesem Zimmer auch Dinge, die Sie für Ihr Leben brauchen. Vielleicht eine verstaubte Gitarre (wobei Sie davon ausgehen, dass Sie eh unmusikalisch sind!) oder ein Monster von unterm Bett, als Sie zwei oder drei waren (Dabei ist das Monster total niedlich. Aber das wissen Sie natürlich nicht). Vielleicht auch ein paar verblasste Fotos.... Und noch ein paar interessante Dinge, die nützlich sein könnten, von denen Sie vergessen haben, wozu sie gut sind und dass Sie sie überhaupt haben. Dabei sind auch ein paar Gegenstände, bei denen Ihnen beim besten Willen nicht einfallen würde, was man damit macht.

Der Wächter hält ein Stopp-Schild.

Was ist die Aufgabe des Wächters?

Zurück zum Wächter. Wenn man den Wächter durchschaut hat, heißt es aber nicht, dass er geht und das Zimmer freigibt. Er hat noch einen Trick auf Lager, den er gern nutzt, egal ob er durchschaut wurde oder nicht. Er tut so, als würde er Sie in dieses Zimmer reinlassen. Dabei drückt er die Zeit-Pausentaste und setzt Ihnen einen Virtual-Reality-Helm auf den Kopf. So einen unsichtbaren. Man betritt also das virtuelle Zimmer, geht aber davon aus, dass man weiterhin in der Realität ist. Es fühlt sich alles auch absolut real und stimmig an. Wenn man aber genauer hinguckt, schimmert etwas komisch in der Ecke; die Matrix hat halt Aussetzer. Oder, wenn der Strom ausfällt, kommt der Wächter auf einmal angerannt und schafft einen schleunigst aus dem Zimmer raus.

Wie kann ich anders mit dem Wächter umgehen? Kann ich ihn wegschicken?

Gut, was hat man also für Optionen? Mit dem Wächter weiterleben oder den Vertrag fristlos kündigen? Beides ist möglich und beides hat, wie alles im Leben, seinen Preis. Die erstere Variante ist allgemein bekannt. Der Wächter wird zur zweiten Natur – so ist man eben als Person. Jeder hat Ecken und Kanten und andere Idiosynkrasien. Und wenn der Unterhalt des Wächters zu teuer wird (bzw. sogar über die eigenen Möglichkeiten hinausgeht, denn er bekommt als treuer Angestellter regelmäßige Gehaltserhöhungen), können die anderen Zimmer des Hauses oder das ganze Haus nicht mehr in Schuss gehalten werden. Der Putz bröckelt, durch das Dach regnet es, der Keller steht unter Wasser, die Heizung streikt... Klingt nicht so toll, oder? Was ist die Alternative? Die Kündigung? Wird der Wächter dann nicht ausflippen und Sie umbringen? Moment! Wer ist hier der Boss? Wer hat wen angestellt? Wenn es klar ist, wer der Boss ist, wird die Arbeit beginnen. Möglicherweise wird der Wächter schwere Geschütze auffahren: jammern und flehen, an die Loyalität appellieren, fragen, ob man es sich nicht doch noch mal überlegen würde, es sei ja so schön zusammen gewesen, drohen, dass alles noch schlimmer wird, Ihnen Todesangst einjagen, sehr sehr wütend werden, einen mit Schwere und Übelkeit vergraulen. Letzterem – es ist ein letztes Lebenszeichen auf einer körperlichen Ebene – begegne ich häufig in der Arbeit mit Klienten. Bevor der Wächter geht, wird es so richtig, v. a. körperlich, anstrengend. So, als würde er (durchaus auch wohlwollend) den Boss fragen: „Bist du dir bei der Kündigung ganz sicher?“ Wenn der Boss es wirklich ernst meint, dann geht er auch anstandslos. Und dann darf man das Zimmer betreten – so, wie es wirklich ist.

  

Zurück zum Blog

 

Bildnachweis:
Bild von photochur