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Täter- und Opferanteile

 

Inhaltsverzeichnis

 

Wir wollen Frieden, erleben aber immer wieder Gewalt 

Die meisten Menschen wollen einfach nur ein gesundes und friedliches Leben führen. Trotzdem ist unser Zusammenleben auch durch Manipulation, Sucht und Gewalt geprägt. Und manchmal bekommen wir es nicht einmal mit, dass wir gewalttätig anderen oder uns gegenüber sind.

Viele Menschen haben hohe moralische Standards, auch wenn sie sie nicht immer einhalten können

Viele Menschen hatten Gewalterfahrungen in ihrem Leben. Die meisten werden aber nicht gewalttätig oder nur selten, Gewalt gegen sich selbst ausgenommen. Sie schwören sich, nicht so zu werden wie die, die es ihnen angetan haben. Sie haben hohe moralische Standards und schaffen es, sie auch umzusetzen. Und trotzdem lebt der Täter in ihnen weiter. Wie kommt das?

Die Täter-Opfer-Muster wiederholen sich und werfen Fragen auf

Wieso heiratet eine Frau, die einen gewalttätigen Vater hatte, einen Mann, der auf den ersten Blick gutaussehend ist und gute Manieren hat, später sich aber als genauso gewalttätig wie der Vater entpuppt? Tätermesser und OpferblutWieso versucht ein Mann, der als Kind unter Gewalt litt, immer wieder Mädchen und Frauen zu helfen, die selbst Probleme mit ihren sie misshandelnden Vätern und / oder Partnern haben? Warum kommen diese Menschen nicht mit jemandem zusammen, der ihnen auf Augenhöhe begegnen kann?

Jedes Opfer hat auch den Täter verinnerlicht

Im Rahmen meiner Arbeit erlebe ich immer wieder, dass jedes Opfer auch Täteranteile in sich hat. Das bedeutet nicht, dass man diese direkt auslebt. Das kann man auch in der Projektion: Z. B. holt man sich einen Gewalttäter ins Haus. Oder man richtet sie gegen sich selbst in Form von Krankheit, Sucht und anderem selbstdestruktivem Verhalten. Wenn man sich die Statistiken unserer Gesellschaft zu Sucht, Krankheit etc. ansieht, merkt man schnell, dass praktisch alle von uns von dieser Problematik betroffen sind.

In der Therapie müssen auch die verinnerlichen Täteranteile adressiert werden

Für die therapeutische Arbeit heißt es aber auch, dass nicht nur die Opferanteile auf eine Lösung warten. Auch die Täteranteile müssen angesehen und entlassen werden. Sie werden aber wiederum von Anteilen geschützt, die täterloyal sind. Diese entstehen als Reaktion auf eine bedrohliche Situation, als Überlebensschutz. Und dann gibt es noch welche, die versucht haben, sich zu retten und es jetzt bei anderen versuchen, was sie bei sich selbst nicht geschafft haben. Das ist ein ganz schön mächtiges System, es ist aber auch möglich, es aufzulösen. Die Frage ist immer, was man an gesunden und selbstverbundenen Anteilen dem entgegensetzen kann. Will man es? Ist man bereit dazu? Wenn ja, wird sich ein Weg finden... Und dann werden auch Beziehungen auf Augenhöhe möglich. Beziehungen, in denen die Partner eigene Grenzen haben und ihre Nähe und Distanz selbstbestimmt regulieren dürfen. Es wird dann auch möglich, Gewalt als solche zu erkennen und zu benennen, auch die ganz subtilen Formen.

 

Fragen zum Nachforschen und Ergründen

  • In welchen Situationen in meinem Leben bin / war ich Opfer? Und ich welchen Täter?
  • Gibt es Gewalt-Erfahrungen, die sich in meinem Leben wiederholen?
  • Welche Täter-Opfer-(Retter)-Kreisläufe beobachte ich in meinem Leben? Welche Rolle übernehme ich am liebsten? Bin ich am liebsten Opfer? Oder Täter? Oder rette ich gern Menschen, setzte mich besonders intensiv für sie ein, versuche sie vor etwas zu bewahren und zu beschützen?
  • Will ich gut sein? Will ich ein guter Mensch sein?
  • Ist mir klar, dass das Gut-sein-wollen einen direkten Weg in die Täterschaft darstellt? Oder wehre ich diese Erkenntnis vehement ab?
  • Wie agiere ich in Beziehungen? Sage ich direkt, was ich brauche oder will? Oder manipuliere ich meine Beziehungspartner, um das zu bekommen, was ich brauche? Opfere ich mich z. B. auf oder passe mich in Beziehungen an und erwarte dann einen Lohn dafür? Ist mir das Manipulative daran bewusst oder sehe ich mich dann als Opfer, dem der Ausgleich / der Lohn verwehrt wurde?
  • Bin ich bereit, die Täter-Opfer-Muster (z. B. im Rahmen einer therapeutischen Sitzung) aufzugeben und mich auf etwas Neues einzulassen? Oder habe ich noch zu viel Angst vor Veränderung? Die alten Muster bringen zwar Leid mit sich, sind aber gleichzeitig vertraut und geben eine gewisse Sicherheit. Wenn ich mich auf Neues einlasse, dann weiß ich nicht, was auf mich zukommt. Bin ich bereit, dieses Risiko einzugehen und das Alte loszulassen?

 

 

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