Das Ich und das Selbst
“Be yourself. No one can say you're doing it wrong.”
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Der Grundpfeiler meines methodischen Konzepts ist die Unterscheidung zwischen dem Ich und dem Selbst
Es fällt mir schwer, das Konzept, also die Unterscheidung zwischen dem Ich und dem Selbst, schriftlich zu erklären, ich wage aber einen Versuch. Mündlich ist es einfacher, da anschauliche Hilfsmittel zur Verfügung stehen, s. Videodemonstration auf YouTube (40 Minuten). Bislang konnten alle meine Klienten den Unterschied erfassen und während der Sitzungen auch erleben. Übrigens meine ich auch nichts Esoterisches oder Religiöses damit. Ich selbst bin weder gläubig noch religiös im klassischen Sinne. Aber natürlich hat es eine spirituelle Komponente ganz im Sinne der Selbsterkenntnis.
Also, das Ich und das Selbst.
Das Ich ist unsere bewusste Instanz. Das, womit wir uns identifizieren. Ich bin xxx (Mann / Frau; Inländer / Ausländer; Autofahrer / Fahrradfahrer; schön / hässlich; dick / dünn usw.). Ich bin der Meinung, dass... Heute bin ich müde. Usw. usf. Das Ich ist sehr wichtig für unsere Alltags- und Lebenstauglichkeit. Das Ich hat auch eine Ego-Schicht, die bei einigen Menschen stärker, bei anderen schwächer ausgebildet ist. Das Ego schützt das Ich wie ein Mantel. Und manchen ist es eben kalt, dann brauchen sie einen dicken Mantel. Und andere gehen in leichten Sommerklamotten in Kontakt mit anderen. Also, bitte das Ego nicht abwerten! Wer gar kein Ego hat und selbstlos ist, ist auch sein Selbst los!
Das Ich stimmt nicht zwingend mit uns selbst überein
Was das Ich spannend macht, ist, dass das, was wir für unser Ich halten, an einigen Punkten nicht mit uns selbst übereinstimmt. Das Ich ist also eine Mischung aus eigenen Aspekten, denen es im Laufe unseres Lebens möglich war zu reifen und zu gedeihen, und aus übernommenen Aspekten, die unser Eigenes verdrängt haben. In der Psychologie nennt es man ein Introjekt, ein Hineingeworfenes. In der Computersprache wäre es ein Trojaner. Eine Art Virus, von dem wir nicht merken, dass es ein Virus ist, sondern es für ein ureigenes Programm halten. Es gibt auch Aspekte des Ichs, in denen sich das Eigene und das Fremde vermischen. Außerdem hat das Ich eine starke Steuerungsfunktion. Das Ich steuert die Willensenergie. Der Willen als solcher oder das Wollen ist erst einmal nur eine Funktion, die auch aktiviert werden muss. Das geschieht, wenn das Ich diesbezüglich eine Entscheidung trifft. Ist das Ich dem Selbst nahe, ist es leicht und stimmig, Entscheidungen zu treffen. Sind das Ich und das Selbst weit voneinander entfernt, entsteht ein innerer Kampf. Manchmal wird sogar die Fähigkeit, den Willen zu nutzen und Entscheidungen zu treffen, blockiert. Dabei waren wir diejenigen, die wir uns dafür entschieden haben, auch wenn gezwungenermaßen äußerst früh im Leben und dazu noch unbewusst.
Das Selbst ist ursprünglich
Das Selbst hat keine Beimischungen durch Trojaner, Introjekte und Fremdes. Das Selbst ist ein Ausdruck der Lebenskraft. Etwas, womit wir auf die Welt kommen bzw. gezeugt werden. Je nach dem, welche Erfahrungen wir machen, ob wir z. B. willkommen sind, kann sich das Selbst mehr oder minder in dem Ich manifestieren. Das Ich ist wie ein Blumentopf. Und das Selbst wie die Erde und die Blumen, die aus dieser Erde wachsen. Nur kann es eben passieren, dass unsere Erde durch Einflüsse von außen vergiftet wird, die Blumen abgeschnitten oder herausgerissen werden oder wir gar keine Sonne abbekommen, so dass kaum etwas wachsen kann. Dann können wir uns immerhin einen schönen Topf zusammenbasteln. ;-) Meist sind wir eine Mischform: Einige der Blumen durften wachsen, andere aber nicht. Sie wollen aber auch an die Oberfläche und suchen Kanäle (Symptome, Konflikte, Krankheiten) um sich zu zeigen. Die Energie dafür ist ja trotz der Umstände da, auch wenn sie ungünstig kanalisiert wird.
Die Selbst-Energie
Die Energie des Selbst ist schwer in Worte zu fassen. Von innen fühlt es sich so als, als wäre man tief im Ozean. Und man kann zu jeder Erfahrung Ja sagen, egal ob sie schlimm oder schön ist. Es ist absolut ruhig und man ist einfach. Und oben sind die Wogen des Lebens. Da ich schon einmal danach gefragt wurde, schreibe ich hier die Worte auf, mit denen ich in der Repräsentanz des Selbst (also in therapeutischen Sitzungen) meine Empfindungen zum Ausdruck gebracht habe.
Ich bin - . (Punkt wird ausgesprochen)
Ich bin im puren Sein.
Nichts und niemand kann mich unterdrücken.
Ich bin unzerstörbar und unkaputtbar.
Ich bin dein innerer Kern.
Ich bin eine sehr starke Energie.
Ich bin heile.
Das alles äußert sich natürlich auch in der geerdeten und kraftvollen Körperhaltung und in der ruhigen und nuancierten Stimme dieser Repräsentanz.
Klientenerfahrungen und der neue-alte Weg
Viele Klienten berichten, dass sie sich selbst kennen, v. a. wenn sie in der Natur sind. Kommen andere Menschen dazu, wird die Selbstverbindung unterbrochen. Das hat etwas mit unseren Lebenserfahrungen zu tun: Ganz früh mussten wir uns entscheiden: wir selbst sein (und möglicherweise sterben) oder ein mehr oder weniger angepasstes Ich sein (und dafür überleben). Als Erwachsene können wir an die Weggabelung zurück, unsere alte Entscheidung betrauern und revidieren und den Selbst-Weg einschlagen.
Das Ziel der freiRaum-Sitzungen
Das Ziel der inneren Arbeit besteht dann darin, dass das Ich und das Selbst möglichst übereinstimmen. Die Bereiche des Fremden und des Vermischten gehen zurück. Das abgespaltene Eigene wird wieder integriert. Und das bewusste Ich wird größer, facettenreicher und differenzierter.
Fragen zum Nachforschen und Ergründen
- Wie steht es um meine Selbstverbindung? Bin ich ich selbst? Zu wie viel Prozent? Wenn ich diese Frage tief in mich reinschicke, was kommt nach einem Moment des Innehaltens als intuitive Antwort zurück? 50%? 60%? 90%? Oder 99,9%?
- Wenn ich mich als Person beschreibe, welche Identifizierungen sprudeln automatisch aus meinem Mund? Ich bin.... Geschlecht? Nationalität? Charaktereigenschaften? Bewohner von...? Was wäre, wenn ich eine Identifizierung loslassen würde? Bei welcher würde es mir am leichtesten fallen? Welche ist mir so ans Herz gewachsen, dass sie sich wie die 2. Haut anfühlt?
- Wie steht es um den Kontakt mit meinem inneren Kern? Spüre ich seine Ganzheit, seine Heilkraft, seine universelle bedingungslose Liebe? Ist es etwas, was immer da ist, zumindest im Hintergrund? Oder habe ich den Kontakt zu meinem inneren Kern komplett verloren? Oder ist es mal so, mal so, je nach Situation und Stimmung? Wann ist die Verbindung dazu stärker, wann schwächer? Wer oder was hat Einfluss darauf?
- Bin ich bereit, mich auf die Entdeckungsreise zu begeben, die mich zurück zu mir selbst führt, inklusive aller Erfahrungen, die ich bislang in meinem Leben gemacht habe? Will ich der Mensch werden, der ich im Grunde genommen wirklich bin?