Streit in Beziehungen
Inhaltsverzeichnis
- Leben und Lernen
- Streit aus energetischer Sicht
- Beliebte Exit-Strategien, die Botschaft abzulehnen
- Freundschaft+
- Don't wake up the baby!
- Fragen an das Ich
Streit in Beziehungen kennt jeder. Der Kessel kocht, der Puls geht hoch, man will dem anderen seine Position darlegen, schauen, wer recht hat, am besten man selbst natürlich, und es irgendwie klären, dieses Verletztsein aufheben, auflösen, damit wieder Frieden, Liebe und Harmonie einkehren. Betonung auf irgendwie. Es gibt unzählige Ratgeber, wie man mit Konflikten und Streit konstruktiv umgeht. Mir geht es in erster Linie darum, zu schauen, was auf energetischer Ebene zwischen zwei Menschen passiert und in welche Rollen sie füreinander schlüpfen.
Leben und Lernen
Wir leben, um zu lernen und zu wachsen. Dabei bestehen wir aus sehr sehr vielen verschiedenen Anteilen, die alle über einen unterschiedlichen Stand verfügen. Es gibt Bereiche, in denen wir uns wohlfühlen und bereits viel gelernt haben. In anderen Bereichen haben wir noch Entwicklungspotential. Das ist absolut normal, denn auch du hast in deinem Leben Entscheidungen, wenn häufig auch unbewusste, getroffen, dich bestimmten Lernthemen zu widmen. Dafür hast du eben etwas anderes nicht gelernt. Ab einem bestimmten Reifepunkt will die Seele, dass man sich die Sachen vorknöpft, die eben auf dem "Parallelweg" lagen. Das ist eine besondere Herausforderung und da gehört viel Angstüberwindung dazu. Außerdem verlangt die Seele ab einer bestimmten Reife danach, die eigenen Ich-Grenzen abzubauen: So wenig Ego, wie nötig, lautet dann die Devise. Da ist es logisch, dass man das mühsam Erbaute und das, was man für sich selbst hält, bis aufs Letzte verteidigt.
Streit aus energetischer Sicht
Der Streit aus energetischer Sicht geschieht also immer da, wenn einer der Streitpartner oder beide eine wichtige Lebenslektion verweigern. Die Aufgabe des jeweils anderen besteht darin ihm diese Botschaft zu überbringen. Häufig lautet dann der Vorwurf: "Ja, aber wenn er oder sie es netter, freundlicher, liebevoller sagen würde, dann würde ich es mir doch viel eher anhören!" Ach, wirklich? Selbstbelügung pur! Das Leben steigert die Intensität der Botschaft erst, wenn du sie schon xy-tausend mal ignoriert und überhört hast. Das Leben hat es dir schon x-mal sanft zugeflüstert, dann etwas lauter, aber immer noch freundlich. Nix angekommen... Tja.. dann wird es irgendwann intensiver. Wer nicht hört, muss fühlen. Statt dich in den Streit über die Form zu verfangen, frag dich lieber, was du partout nicht hören willst? Welcher Teil löst bei dir den größten Widerstand und das größte Verletztheits-Gefühl aus? Da wird die größte Wahrheit drin stecken. Und hör auf, deinem Streitpartner Vorwürfe wegen der Form zu machen. Sei stattdessen dankbar dafür, dass er diesen Dienst erweist, denn das ist nur möglich, wenn die Beziehung ein Mindestmaß an Liebe und Vertrauen hat, denn so einen Dienst zu erweisen, ist immer auch ein Beziehungsrisiko. Viele Menschen verzichten deshalb drauf und leben in ihren stagnierenden oberflächlichen Beziehungen weiter, fragen sich dann, was fehlt.
Beliebte Exit-Strategien, die Botschaft abzulehnen
Eine beliebte Strategie, die so dringliche Botschaft abzulehnen, ist abzulenken, zum Alltag zurückzukehren, über Belangloses zu reden. Unter den Teppich kehren. Eine weitere, einfach zu fliehen. Tür zu und weg. Eine andere, einen Gegenangriff zu starten. Oder einfach viele Gründe zu finden, warum man die Beziehung nun ablehnt. Beliebt bei spirituellen Menschen: "Der oder die ist nicht auf meinem Niveau." Oder: "Mir fehlt da die wertschätzende und die liebevolle Ebene." (Ja, auf der bist du selbst noch nicht, wenn du dich davon abhängig machst, WIE jemand dir die Botschaft überbringt!) "Wenn er / sie mir die Nachricht in einer anderen Form überbringen wollte." Das ist ein schwer zu entdeckender Abwehrmechanismus. Man projiziert den Krieg, den man noch in sich selbst hat, auf den anderen, stellt sich als etwas weiter Entwickeltes dar, den anderen nicht "auf Augenhöhe". Und prompt hat man sehr gute Gründe, sich nicht mit der Botschaft auseinanderzusetzen, sich wieder abzukapseln. Überspitzt formuliert, ist man dann das Engelchen und der andere das Teufelchen. Dabei verlangt die Seele längst nach weiterer Öffnung und nach dem Abbauen von Grenzen.
Auch Klärungsversuche, sich erklären wollen, die eigene Position verständlich machen wollen usw. usf., beinhalten häufig eine verdeckte Exit-Strategie. Man will verdeckt den anderen davon abbringen, auf etwas Unstimmiges hinzuweisen. Wenn du also einen Klärungsversuch starten willst: Höre lieber zu und versuche herauszuhören, was der andere dir für eine Botschaft zu übermitteln versucht. Versuche nicht, dich und deine Position zu erklären. Damit verwickelst du dich nur wieder in einen Kampf. Natürlich kannst du über deine Wahrnehmungen und Gefühle reden. Über das, was dich verletzt hat. Versuch es aber, das alles mit einem Fragezeichen zu versehen, deine Wahrnehmung nicht als absolut zu sehen. Es kann ja gut sein, und wahrscheinlich wird es so sein, dass die Dinge noch einmal anders liegen, als du sie wahrnimmst.
Ja, die Exit-Strategien sind alles Dinge, die du vielleicht tun willst. Und manchmal wirst du noch nicht vermeiden können, auf diese zurückzugreifen. Aber es ist nicht das, was dein Herz will. Es will Öffnung und Liebe. Wenn du also bei dir eine Exit-Strategie entdeckst, denk daran, dass du damit ein Geschenk, den Dienst des anderen für dich ablehnst. Der Dienst mag nicht die perfekte Form haben, aber auch das ist ein Teil der Lektion. Denkst du, das Leben wird dir nichts mehr schicken, wenn du dich einkapselst und dich davor schützt und abgrenzt? Es wird eher die Botschaft intensivieren. Praktiziere Milde und Güte und sieh über die "nicht-perfekte" Form hinweg. Das ist wahre Liebe und Großzügigkeit. Und öffne dich dann der Botschaft, zumal dich auf der Beziehungsebene unglaubliche Geschenke und Früchte erlauben. Ja, es ist ein Sich-Überwinden, Farbe-Bekennen, sich vielleicht die Blöße geben. Glaub mir, das ist es wert. Der Mensch hat dir anscheinend von Herzen viel zu geben und du lehnst es ab, weil dir dein Ego wichtiger ist. Das darfst du nun ändern, sofern du es wirklich willst und bereit dazu bist.
Freundschaft+
Für die heutige Zeit betrachte ich es als essenziel wichtig, Beziehungen zu haben, die mehr als normale Freundschaften sind. Ich nenne sie Freundschaft + ;-) . Dabei geht es darum, sich explizit darauf zu einigen, einander die Wahrheit zu sagen. Dass ich also einer Freundin sagen kann: "Hey, du belügst dich gerade selbst!" Wenn dies passiert, kriege ich persönlich eine bestimmte Art von Wahrnehmung. Früher habe ich es als Unstimmigkeitsgefühl bezeichnet: Hey, da stimmt was nicht! Mittlerweile empfinde ich es eher als Herzschmerz: "Der mir nahestehende Mensch steckt in einem Gefängnis, ist in seinem Mind gefangen und das tut im Herzen weh." Und klar tue ich ihm erst einmal weh, wenn ich mit der Wahrheit rausrücke. Oder umgekehrt. Die Rollen kehren sich ja auch immer wieder um. Das Gute ist, es tut nur kurz weh, wenn man sich darauf einlässt. Und es ist nur das Ego, das verletzt werden kann. Als ich eine Botschaft mit viel Nachdruck einer Freundin übermittelt habe und im Nachhinein dachte und ihr auch schrieb: "Omg, DAS habe ich wirklich so zu ihr gesagt... Einfach rausgehauen", schrieb sie zurück: "Es war doch nur die Wahrheit. Dafür darf man den Hermes nicht bestrafen." Eine sehr sehr reife Sicht auf die Dinge. Schulterklopfer für uns alle. Auch für dich, lieber Leser! Du hast es ja auch schon so weit geschafft!
Don't wake up the baby!
Für alle anderen Beziehungen und Konstellationen, manchmal auch doch in Freundschaft+, ist der Ansatz "Don't wake up the baby" sinnvoll. Er stammt von Byron Katie und ist zugegebenermaßen wirklich hohes Niveau. So richtig zugänglich wird er erst ab einem bestimmten Maß an Herzöffnung. Katie beschreibt ihr Sein in der Welt ungefähr so: Natürlich nimmt sie die Unstimmigkeiten und Selbstbelügungen der Menschen um sie herum wahr, aber es ist nicht ihr Job, an diese anzurühren außer in den Sessions, wo sie explizit den Auftrag hat, oder wenn Freunde sie darum bitten. In allen anderen Fällen bewegt sie sich mit der Haltung durch die Welt: "Tsss... Das Baby schläft! Ich möchte es nicht wecken, also bin ich besonders leise und vorsichtig." Sie geht davon aus, dass das Baby eh dann aufwachen wird, wenn die Zeit gekommen ist. Keiner wird sich um seine Themen drücken müssen und er wird auch Sparringpartner dafür finden. Wenn du aus dem Level des unbewussten Sparringpartners allmählich hinauswächst, könnte das Konzept "Don't wake up the baby" ein guter Wegweiser für dich sein. Ich finde es persönlich sehr anspruchsvoll, war ich doch sonst jemand in meinem bisherigen Leben, der gern bewusst und unbewusst auf blinde Flecken hingewiesen hat. Nun muss ich das nicht mehr tun, es sei denn, es ist explizit mein Job. Es ist so weit, wenn es so weit ist. Und ich kann mich dabei weiterhin in solchen Tugenden wie Liebe, Geduld, Milde, Güte und Gnade üben.
Fragen an das Ich (bitte in meditativer Haltung an sich stellen und aus der Tiefe die Antwort kommen lassen)
- Denke an deinen letzten Streit. Welche Botschaft hat dir dein Streitpartner übermittelt? Hast du sie vollkommen entschlüsselt und angenommen? Dein Herz für die geöffnet? (S. auch Alchemie pur: Von der Heiligkeit der Scheiße oder "In der Annahme sein" – Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Verletzungen in Gold verwandeln) Es reicht übrigens, das Herz für die Energie, die dein Streitpartner transportiert zu öffnen und sie in dir aufzunehmen. Man muss die Botschaft nicht zwangsläufig vom Verstand her verstehen. Wenn dir also nächstes Mal jemand etwas sagt, worauf du ein "Ja, aber" (=Schutz) entgegensetzen willst, dann verzichte darauf und höre dir alles an. Schenke den Worten nicht so viel Beachtung, sondern versuch die Energie, die auf dich einströmt, so gut es geht, aufzunehmen, denn das ist die, die dir fehlt und dich zur Heilung bringt.
- Was ist deine übliche Strategie in einem Streit? Dich über den anderen erheben? Recht haben wollen? Fliehen? Ablenken? Angreifen?
- Denk an eine Situation, einen Streit, einen Konflikt oder Ähnliches, das bei dir immer noch ein Gefühl von Ärger, Verletztheit, Ungerechtigkeit, Sich-abgrenzen-Wollen oder Ähnliches auslöst. Mach dich offen, geh in eine meditative Haltung und bitte darum, dass du die Botschaft aus dieser Situation klar sehen und empfangen kannst. Natürlich nur, wenn du bereit für Frieden auf Kosten deines Egos bist. Wenn du noch lieber ein bisschen Drama und "Individualität" und "Abgrenzung" und "Recht haben" und "Etwas Besseres sein wollen" haben willst, ist es vollkommen in Ordnung. Koste die Energie davon weiter aus, bis du irgendwann "satt" geworden bist! Es ist alles nur eine Lernerfahrung.
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