Der Kuchen
Sie kommen in die Küche und auf dem Tisch steht eine hübsche Kuchenbox. Daran klebt ein Zettel: „Ein Geburtstags-Apfelkuchen für … (bitte hier Ihren Namen ergänzen)“ „Mhhmmm, lecker Kuchen! So schön saftig und frisch. Und mit viel Liebe gebacken...“ - denken Sie. Was für ein Gedanke! Voller Erwartung machen Sie den Deckel auf... und... Überraschung! Der Kuchen ist kein reiner Apfelkuchen. Ein Stück ist mit Himbeeren bestückt.
Verwundert machen Sie den Deckel wieder zu und denken nach: „Was zur Hölle? Stand da nicht eben ausdrücklich APFELKUCHEN? Was haben Himbeeren auf einem Apfelkuchen zu suchen?“ Bei diesen ganzen Gedanken ist Ihnen der Appetit vergangen und irgendwie können Sie den Kuchen gar nicht mehr genießen. Vielleicht fassen Sie ihn erst gar nicht an, denn der schöne Apfelkuchen ist ja mit Himbeeren verseucht. Vielleicht mögen Sie sie nicht. Oder Sie entscheiden, so zu tun, als würden Sie sie mögen, um den Bäcker nicht zu enttäuschen. Gegen den Würgereflex schlucken Sie auch das Stück mit den Himbeeren herunter. Ihnen wird schlecht und der Magen läuft auf Hochtouren. Dabei merken Sie, wie Sie lächeln und den Bäcker loben, wie gut doch der Kuchen gelungen ist. Oder sie behaupten, die Magenbeschwerden hätten mit dem Kuchen nichts zu tun.
An sich müssten Sie sich natürlich fragen, warum der Bäcker (das Leben?) Ihnen einen Kuchen backt, der nicht das ist, was er zu sein vorgibt. Wie kommen in einen Apfelkuchen Himbeeren rein? Wäre es überhaupt wichtig, das zu wissen? Und was wäre dann die Lektion? Und wer ist überhaupt der Bäcker? Sie selbst? Oder jemand anders? Haben Sie denn auch eine vertrauenswürdige Bäckerei beauftragt? Oder wieder diesen schlampigen Bäcker, der dafür ganz günstig ist?
Versuchen Sie mal einem Kind, das sich einigermaßen frei entwickeln darf, so einen Kuchen vorzusetzen. Was sagt das Kind? "Iiiiiiii!" Es rümpft die Nase und rührt ihn erst gar nicht an und besteht darauf das zu bekommen, was es mag. Oder es fängt an, das, was es nicht mag, herauszupicken und zu entsorgen. Wie oft rümpfen die Erwachsenen darüber die Nase: „Das ist doch lecker!“ Oder: „Probier doch wenigstens!“ Oder auch: „Das ist unhöflich. Was hast du denn für Tischmanieren!“ Aber: Es ist eine gesunde Reaktion. Was nicht hingehört, wird entfernt. Und in jedem Restaurant würde der Gast das Essen zurückgehen lassen, das nicht der Bestellung entspricht. Fertig. Aus.
Ach ja: Was haben Sie eigentlich für einen Geburtstags-Kuchen geschenkt bekommen? Ist er ganz nach Ihrem Geschmack? Sind da Himbeeren drauf? Oder vielleicht Pilze? Oder gar etwas, was überhaupt nicht essbar oder verdaulich ist? Vielleicht sogar etwas Giftiges? Und was machen Sie jetzt damit?
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