Werbung!
Das Thema Werbung ist für mich ein schwieriges Thema. Früher habe ich Werbung gehasst! Bis auf einige witzige oder pfiffige Werbespots oder -anzeigen. Die bemitleidenswerten Menschen, die für irgendwelche Organisationen Werbung auf offener Straße, z. B. vor dem Hauptbahnhof, machen, brachten mich auf die Palme. Ich erinnere mich, dass ich einen von ihnen einmal richtig zusammengestaucht habe. Der Arme war sehr verwundert. Ich sah immer mein Selbstbestimmungsrecht verletzt: Ich will keine Werbung und es ist nicht in Ordnung, mir ungefragt welche zu geben oder mich anzusprechen. Werbung war pure Manipulation und selten mehr als das. Ja, so war das...
Und wo bin ich jetzt?
Jetzt mache ich selbst Werbung. Für mich, für freiRaum. Es war eine ganz schöne Überwindung, überhaupt damit anzufangen. Mittlerweile fühlt es sich fast normal an und ich weiß, was mein Ziel ist: Ich kann ein Angebot machen und hoffen, dass sich jemand davon angezogen fühlt. Druck, Argumente, Überzeugen-Wollen usw. - das ist nicht mein Weg. Das mag ich weiterhin nicht, auch bei Fremdwerbung.
Beim Thema Werbung gibt es natürlich auch ganz pragmatische Fragen: Wie, in welcher Form, wann, an wen? Die Hauptfrage ist: Wie transportiere ich meine Botschaft? Spannenderweise kam da die Antwort sehr früh. Im September 2019 bin ich eines Morgens wieder eingeschlafen. An die Träume am frühen Morgen kann ich mich viel besser erinnern als an die in der Nacht. Und da sah ich ihn: einen Leuchtturm auf einer Erhöhung. Davor das Meer, von tief bis seicht. An der Küste die Steine, die die Brandung freigibt. Der Leuchtturm – mein Symbol! Ich habe gehört, dass ein Leuchtturmwärter der einsamte Mensch auf der Welt sein muss, besonders wenn er auf einer Insel ist. Er gibt Schiffen Signale, damit sie sicher ihr Ziel erreichen. Er selbst bleibt aber da und hält Wache. Dieses Bild fasziniert mich. Bin ich der Leuchtturmwärter? Und die Klienten sind die Schiffe? Oder fahre ich auf dem Schiff des Klienten ein Stückchen mit und der Leuchtturmwärter ist eine andere Instanz, die uns den Weg weist?
Der Leuchtturm wirkt! Als ich die Wände in der Praxis auffrischen ließ, kochte ich Tee – für mich und den Maler. Er sah meine Teetasse (mit dem Leuchtturm und „freiRaum“ wie auf meiner Website) und meinte dazu: „Was für eine schöne Tasse!“ Ja, Corporate Identity und Werbung auf der nüchternen, materiellen Seite. Auf der ideellen Seite etwas, womit ich mich sehr gut verbinden kann. Und das scheint auch auf andere zuzutreffen. Bevor der Shutdown losging, verteilte ich einige Einladungskarten für meine Einweihungsfeier. Auch da die Stimmen: „O, ein Leuchtturm. Wie schön!“ Die Magie des Leuchtturms verfolgt mich. Ich strahle und sende eine Botschaft aus. Und hoffe auf eine Antwort: Ist da jemand?
Die Gestaltung des Flyers war noch einmal ein Thema für sich. Was ist machbar? Hausfrauendesign? Oder Hausfrauendesign+? Es folgte: Austausch, Kritik, Lernen, Austausch, stunden- und tageslanges Sitzen am Rechner. Wieder Austausch, wieder Kritik, wieder Lernen. Wie gut, dass ich solche Prozesse genießen kann! Es war auch viel Herumprobieren. Und da entstand etwas: Mein freiRaum-Mensch mit offenen Armen. Mit „Ich“ im Kopf und „Psyche“ und „Körper“ im Bauch. Ein Zufallsprodukt des Worte-Verteil-Roboters. In meinen freiRaum-Farben selbstverständlich, nur etwas heller. Er transportiert die Botschaft auf eine erfrischende und offene Art.
Und was passiert mit mir? Ich entdecke Werbung als Kunst. Werbung als Botschaft. Und Werbung als Spiel. Und mich selbst als jemanden, der ganz selbstverständlich für sich wirbt.
Bild von Gerd Altmann